Nah an der Praxis

Den Bedarfen des Betriebes angepasst, kostengünstig, ohne Transferverluste – Weiterbildung in und bei der Arbeit. Dass informelles Lernen im Betrieb eine Reihe an Vorteilen hat, belegen die Studien von Professor Peter Dehnbostel ebenso wie seine Beispiele aus der Praxis.

Eine gute unternehmensinterne Bildungsarbeit kann sowohl die Zufriedenheit der Mitarbeitenden steigern als auch die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens erhöhen. „Es lohnt sich für Unternehmen also, hier aktiv zu werden“, sagt Professor Peter Dehnbostel, der an der TU Dortmund mit den Schwerpunkten betriebliche Bildungsarbeit und berufliche Weiterbildung lehrt und forscht.

» Ich gehe mich mal qualifizieren «

Betriebliche Weiterbildung ist die fokussierte Förderung und Entwicklung von Fähigkeiten, Kenntnissen und Kompetenzen. Die Verbesserung der beruflichen Handlungsfähigkeit von Mitarbeitenden steht dabei im Fokus, um den Anforderungen des Arbeitsplatzes gerecht werden und somit die Leistungsfähigkeit des Unternehmens steigern zu können.

Viele Vorteile: innerbetriebliche Weiterbildung „Und sie bietet weitere Vorteile“, sagt Professor Dehnbostel, „zum einen ermöglicht sie eine gezielte Ausrichtung auf die Qualifikationsanforderungen des Unternehmens, denn die Inhalte können spezifisch auf den jeweiligen Arbeitsplatz zugeschnitten werden. Zum anderen fördert die innerbetriebliche Weiterbildung die Zusammenarbeit und den Wissensaustausch zwischen den Mitarbeitenden, was eine Kompetenzsteigerung, eine positive Teamdynamik und eine stärkere Bindung ans Unternehmen begünstigt. Nicht zuletzt spart sie Kosten, da Reise-, Freistellungs- und Dozentenhonorare wegfallen oder erheblich reduziert werden.“


Sind externe berufliche Weiterbildungen obsolet? Eine außerbetriebliche Weiterbildung verursacht Kosten und erfordert Freistellungen. Einen großen Nachteil der externen Weiterbildungen sieht Professor Dehnbostel im mangelhaften Wissenstransfer. Oftmals werde die Teilnahme an solchen Angeboten etwa als Auszeichnung oder Belohnung, als Incentive verstanden. „Das ist auch gut so für den Einzelnen. Aber häufig ist nach einer solchen Teilnahme nicht für den Wissenstransfer ins Unternehmen und in die Praxis gesorgt.“

Obsolet seien diese Angebote deshalb nicht, sondern sie sind eine notwendige Ergänzung der innerbetrieblichen Weiterbildung und sollten mit dieser verbunden werden. Externe Weiterbildungen geben Mitarbeitenden die Möglichkeit, Zertifikate und beruflich anerkannte Abschlüsse zu erlangen, sich interdisziplinär mit anderen Branchen zu vernetzen, und sie geben Zugang zu Fach- und Expertenwissen, das für den Betrieb wichtig ist. „Diese Weiterbildungsangebote müssen.

sich aber an das digitale Zeitalter anpassen, in dem die Komplexität zunimmt, Arbeit nicht mehr wie in der industriellen Zeit in einzelne Schritte zerlegt ist und das Lernen in die Arbeit integriert wird.“

Digital lernen und arbeiten Als Fürsprecher der innerbetrieblichen Bildung sieht Professor Dehnbostel die Digitalisierung in jeder Hinsicht als Gewinn. „Auch wenn unser Land in Sachen Digitalisierung in internationalen Vergleichen bestenfalls im unteren Mittelfeld steht, sind die meisten deutschen Unternehmen digital besser aufgestellt.“

Und das ließe sich nutzen: Digitale Medien und E-Learning-Formate eignen sich für die betriebliche Weiterbildung hervorragend. Und die Verbindung von Arbeiten und E-Learning im Unternehmen scheint besonders leicht herstellbar – zumal bei Arbeitsaufgaben mit hohen Problemlösungs- und Reflexionsanteilen, besteht doch beim E-Learning eine selbstverständliche Verbindung zu einem rechnergestützten Arbeitsplatz. Für die Mitarbeitenden findet dieses informelle E-Learning in hohem Maße selbstgesteuert statt.

Lerninseln und Online-Communitys sind Beispiele, die Arbeiten und Lernen integrieren. Reale Arbeitsaufgaben aus dem Arbeitsumfeld werden hier in Einzel- oder Gruppenarbeit bearbeitet und begleitet. Aber im Unterschied zur üblichen Arbeit steht mehr Zeit für Qualifizierungs- und Lernprozesse zur Verfügung, die durch etwa Coaching, Mentoring, Lernsoftware und Visualisierungsmöglichkeiten unterstützt werden.

Auch das projektbasierte Lernen sowie Assistenzen durch künstliche Intelligenz wie zum Beispiel Chatbots empfiehlt Professor Dehnbostel als innerbetriebliche Maßnahmen, „allerdings im Sinne einer partizipativen Begleitung, und nicht im herkömmlichen Verständnis als ein „An-die-Hand-nehmen“. Er ist überzeugt, mit all dem werde aus dem Motto „ich gehe mich mal qualifizieren“ die Einstellung „ich widme mich meiner Arbeitsaufgabe und suche nach einer direkten Lösung“. [hw]

» Nach der Weiterbildung ist meistens nicht für den Wissenstransfer ins Unternehmen gesorgt «

Prof. Dr. Peter Dehnbostel

lehrt und forscht an der TU Dortmund mit den Schwerpunkten betriebliche Bildungsarbeit und berufliche Weiterbildung und veröffentlicht regelmäßig seine Arbeiten zur betrieblichen Bildungsarbeit. Er lehrt zudem in berufsbegleitenden Master-Studiengängen an der Carl von Ossietzky Universität in Oldenburg und an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen-Nürnberg. (Foto: Zentrum digitale Arbeit ZdA)

Zurück zu den News